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        |  | PRIVATE COLLECTION 
 
 Multimedia - Installation
 
 2004  private collection [room 01]  Musée d’histoire,
          Luxembourg
 2004  private collection [room 02]  Förderkoje auf der Art frankfurt
 2004  private collection [room 03]  K4 galerie,
          Saarbrücken
 2004  private collection [room 04]  Künstlerhaus,
          Saarbrücken
 2006  private collection [room 05]  Centre d’art contemporain Annemasse, France
 2007  private collection [room 06]  Johanneskirche,
          Saarbrücken
 2007  private collection [room 07]  Informatikzentrum Schloß Dagstuhl
 2008  private collection [room 08]  Galerie Palais am  Festungsgraben, Berlin
 
 
 
 
 
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        |  | DAS DIESSEITS VOM JENSEITS DES WURMLOCHS Der einzige Weg, in die historische Kausalität einzudringen, ist der Weg des Künstlers, ist das schöpferische Erlebnis.
 (Egon Friedell)
 
 Auf einer mehrmonatigen Museumsreise durch Italien gerieten Klaudia Stoll & Jacqueline Wachall in die Anomalie einer Raum-Zeit-Spalte. Kosmisch gesehen sind sie in eine Reihe Schwarzer Löcher des ausgehenden Mittelalter bzw. der italienischen Frührenaissance gefallen, doch am Ende ihrer Zeitreise durch ein plötzlich aufgetretenes Wurmloch  wieder in die virtuellen Wirklichkeiten des gerade erst begonnenen 21. Jahrhunderts zurück geworfen worden. Am Kreuzungspunkt dieser Wahrscheinlichkeiten bleibt es den BesucherInnen des neu eröffneten Privatmuseums der beiden Medienkünstlerinnen vorbehalten, die Zufälligkeit des Rückfalls in die kulturhistorische Epoche des Übergangs vom statischen Mittelalter zum virulenten Anbruch einer Neuzeit, die paradoxer Weise an die Antike anknüpft, in Frage zu stellen. Vielleicht war es ja weniger eine Reise in die Vergangenheit als eine Expedition in die zeitlich verschobene Parallelwelt einer ganz anderen Galaxie. Letztlich kann es kein Zufall sein, dass gerade ihnen jene Frauenporträts einer „Inkubationszeit“, wie sie der Kulturhistoriker Egon Friedell nannte, begegneten, in der sich das statisch anmutende mittelalterliche Haubenbild der Frau zur geistvoll beseelten Grandezza einer sowohl sozial wie in der Bildung dem Manne Gleichgestellten zu wandeln begann.
 
 Die multimedial inszenierte „Private Collection“ von Stoll&Wachall ist nicht als virtuell transformiertes Kunstbeutegut aus den Schwarzen Löchern der musealen Verwahrung von Zeitgemälden zu verstehen, vielmehr ist sie eine Art künstlerischer Nachweis für Einsteins Relativitätstheorie. Das seiner Natur nach instabile Wurmloch hat sich wieder geschlossen und die vornehmlich aus den alten Gemälden ablesbaren performativen Darstellungs- und Handlungsmuster samt schmuckem Beiwerk bzw. handlichem Gerät dieser kulturhistorischen Inkubationszeit bilden jetzt den Stoff aus dem die Zeitreisenden die Wiederbelebung („rinascita“) ihrer Erinnerungen schöpfen. Dabei wird die Zeitverschiebung als Relais für den Zeitsprung von der Malerei zur digitalen Bild-, Text- und Klangherstellung gehandhabt, vor allem wollen Stoll&Wachall  ihrem Publikum die Erkenntnis der Zeitlosigkeit von Fragen nach dem Sinn des Lebens vermitteln. Es geht ihnen um die mögliche Enträtselung der durch bloße Äußerlichkeiten wie Haltung und Mimik, Blick und Gesten, Haartracht und Kleidung oder ins Porträt eingebrachten Attribute verdeckten wahren Identitäten. Es geht um das von Oscar Wilde so eindringlich geschilderte „Bildnis des Dorian Gray“, das ewige Schönheit, Gesundheit und Jugend wiederspiegelt, jedoch verschweigt, dass der Leib nur der Schatten der Seele ist. In allen Zeitepochen wurden und werden bestimmte Eigenschaften und Charaktere als Posen eines gewünschten Selbstbewusstseins in Szene gesetzt: Ein immerwährendes Rollenspiel mit wechselnden Zeichen und (Status-) Symbolen. Es scheint nicht nur, es ist ein urmenschliches Bedürfnis, über das Außen, die Hülle, die Maske eine gesellschaftliche Stellung zu definieren, Rangordnungen zu manifestieren und bestimmte Objekte des täglichen Lebens in Fetische umzuwandeln.
 
 universalia sunt realia: Nur die Ideen sind wirklich, war die Weltanschauung des Mittelalters: Wirklich ist nicht das Individuum, sondern der Stand dem es angehört. Ist das heute anders? Die mittelalterliche Malerei zeigt Menschen und Dinge, die in einem gewissen Sinn unantastbar, d.h. von einer Art isolierenden Aura umgeben sind. Hingegen stellte sich die damals so genannte „neue Art der Malerei“ der italienischen Renaissance die Aufgabe einer Beseelung ihrer Bildnisse, einer Versinnbildlichung von Gefühlen und Schicksalen. Lässige Vornehmheit und verhaltenes Gehabe waren stilbildend. Die Renaissancedame ging nicht, sie wandelte. In Summe verkörperte sie das Intellektuelle, Artifizielle, Gewollte, Gemachte, Gestaltete. Wieder stellt sich die Frage, worin sich die malerische Inszenierung damaliger Frauenporträts vom medialen Auftritt heutiger Super-Madonnen unterscheidet?
 
 Die räumliche Inszenierung der „Private Collection“ imaginiert eine Galerie, zuweilen ein Panorama, ein kleines privates Museum der differenzierten Wahrnehmung von Lebensgeschichten, die, eben weil sie bis in die Vergangenheit reichen, von nichts anderem erzählen als von uns selbst. Aber der über Flachbildschirme, Text- und digitale Klangfragmente auf die BesucherInnen eindringende Handlungsablauf einer aus der Vergangenheit gefilterten Selbstdarstellung der nun digital zeitreisenden Künstlerinnen Stoll&Wachall eröffnet neue (und immer wieder neu manipulierte und manipulierende) Möglichkeiten der Entdeckung des eigenen Ichs in einem auf diese Weise extrem erweiterten Erfahrungsspielraum.
 
 Egon Friedell: Kulturgeschichte der Neuzeit, Band 1, Einleitung: Was heißt und zu welchem Ende studiert man Kunstgeschichte? Deutscher Taschenbuch Verlag München 1976, S. 9
 Wurmlöcher sind theoretische Lösungen der allgemeinen Relativitätstheorie, die nach Einstein Raum und Zeit beschreiben. Wurmlöcher machen es theoretisch möglich, weit entfernt liegende Regionen des Alls bzw. zwei verschiedene Bereiche der Raumzeit miteinander zu verbinden. Der Name Wurmloch entstammt der Analogie mit einem Wurm, der einen Apfel nicht umrundet, sondern ihn von einer Seite zur anderen durchdringt.
 
 Prof. Horst Gerhard Haberl
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        |  | KÜHNE KÖRPEREXTENSIONEN |  |  
        |  | Das Duo Stoll&Wachall dehnt sich mächtig (aus) und  berührt sogar die Renaissance 
 
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        |  | In der Gelehrtenrepublik bekommt derjenige die  Bürgerrechte und einen Ehrenplatz, dem es gelingt, einen Buchtitel ins kulturelle  Gedächtnis einzuspeisen. Fraglos gelungen ist dieses Kunststück dem  Kunsthistoriker und Kunsttheoretiker Gottfried Böhm: Bildnis und Individuum. Über den Ursprung der Porträtmalerei in der  italienischen Renaissance. Ein Klassiker, der in jeden Bücherschrank  gehört. Genauer lässt sich nämlich der Epochensprung, für den die Renaissance  steht, nicht fassen. Hier erhebt sich, zunächst noch tastend, das bürgerliche  Individuum. In den Porträts der Großmeister jener Jahre gewinnt es im wahrsten  Sinne des Wortes feste Konturen. Bildnis und Individuum legen sich, so die  frappierende Erkenntnis, wechselseitig aus. Ihre eigene Identität verdank(t)en die  Menschen den Künstlern, die im Porträt erkundeten, wie man das Besondere einer  Person veranschaulichen kann, und die Porträtierten erfuhren über sich und  ihresgleichen alles Wissenswertes. Wer kennt diese Bilder nicht: der gesammelte  Ernst in Lottos 'Jüngling vor weißem Vorhang' oder Lottos 'Herr mit goldener  Tierpranke', der Anflug des Lächelns in da Vincis 'La belle Ferronière' oder in  Antonellos 'Bildnis eines Jünglings'! Sind wir also Spätgeborene dieser Kultur?
 Diese Frage lässt sich nicht umstandslos mit einem klaren  Ja beantworten. Das Individuum der Renaissance ist im Laufe der Jahrhunderte schrundig  geworden, materialermüdet droht das Recycling. Und daran haben viele  mitgearbeitet: Das Ich, so tönte es bekanntlich aus Wien, ist nicht mehr Herr  im eigenen Haus. Die Opferliste ist lang. Wer Freud nicht los wurde, drohte  irgendwann freudlos zu werden. Wie viele Beleidigungen und Demütigungen hat das  Individuum nach Freud noch ertragen müssen! Ganze Diskursgenerationen –  Poststrukturalismus (eine Art intellektuelle Franzosenkrankheit),  Diskursanalyse, Postmodernismus, Hirnforschung - haben sich an diesen Fragen abgearbeitet.  Inzwischen ist man in den Debatten ein Stück weit auf dem Rückzug, denn trotz  aller Verabschiedungsrhetorik gilt: Das Individuum hat eine lebenspraktische  Beharrungstendenz und lässt sich nicht widerstandslos verabschieden. Schmerz,  der Herzschmerz in allen Varianten, bleibt unvertretbar. Und das ist nur ein  Beispiel.
 
 Vielleicht, so meine Hoffnung, kann noch einmal die  Kunst darüber aufklären, was wir heute mit dem Individuum in spätbürgerlicher  Zeit anfangen sollen. Und welch schöne Ironie: nicht ein singulärer Künstler,  sondern ein Duo, das in anderen Arbeiten individuelle Grenzen leichthändig  verschwimmen ließ, macht sich auf den Weg, diese Frage zu beantworten: die eine  aus dem Schwarzwald stammend, die andere aus einer Grubenregion, beide also mit  dem Dunklen vertraut, leisten künstlerische Aufklärungsarbeit. Und sie tun es  mit der Ernsthaftigkeit großer Aufklärer.
 
 Bestand die Kunst der Renaissance-Künstler darin, den  Porträts Leben einzuhauchen  (der  Ausdruck ist stets lebendig, nicht etwa eingefroren), so nehmen Stoll&Wachall  diese immanente Bewegung der Gesichter auf und führen sie konsequent aus. Nur  die Attribute, die den Porträts häufig beigegeben waren, verändern sich in den  Video-Arbeiten von Stoll&Wachall markant: Handy und Kamera etwa treten an die  Stelle von Spiegel oder Blume. Handy und Kamera sind Vehikel, durch die sich in  schlechten Filmen Zeitreisende, die die Vergangenheit erkunden wollen, gewöhnlich  verraten. In den Videos von Stoll&Wachall wirken die Attribute nur milde verstörend.  Mit feiner Ironie inszenieren sie einen Deutungscode unseres Medien- oder  Informationszeitalters. Der Großvater der Medienwissenschaft, McLuhan, nannte  Medien nämlich Körperextensionen. Ein geniales Interpretament. Unsere Körper  wachsen durch die Medien. Ohren und Augen (in gewisser Hinsicht auch die  anderen Körpersinne) dehnen sich aus, lösen sich vom hier und jetzt. Spätere  Medienwissenschaftler wie Jochen Hörisch oder Manuel Castells haben diesen  Gedanken fortgeschrieben. Und für Stoll&Wachall ist es deshalb ein Leichtes,  die Renaissance zu erreichen: sie besuchen die Individuen dieser Jahrhunderte  als Gleichzeitige Ungleichzeitige. Darin unterscheiden sie sich auch von Cindy  Sherman, die durch unterschiedliche Kostümierung den Kern von Identität  erproben wollte. Stoll&Wachall sind Archäologen, die die Ursprungssituation des  modernen Individuums mit den Mitteln und auf der Höhe heutiger Ausdruckskunst  erobern. Und nur so geht es.
 
 Und sie fragen noch schärfer: Hat sich in den  Jahrhunderten seit der Entdeckung des Individuums auch die mentale  Ausstaffierung verändert? Stoll&Wachall streuen Befindlichkeitsvokabeln ein, in  englischer Sprache natürlich, ist doch Englisch und nicht Latein die heutige  Verkehrssprache. Will man die Pointe dieser Erkundung verstehen, muss man  zunächst die vier Modi des selbständigen Porträts in der Renaissance erinnern,  die Böhm identifiziert hat: Da gibt es zunächst den düsteren, verschlossenen,  auch drohenden Charakter. Individualitäten dieser Couleur sind häufig Condottiere  oder Kriegsführer. In einer zweiten Gruppe (Hofmänner, Adelige, Gelehrte,  Künstler) wird die Eigentümlichkeit nicht durch ein Höchstmaß an Kraft, sondern  durch die Darstellung eines ruhigen Ernstes veranschaulicht. Eine dritte Gruppe  modifiziert den Ernst durch eine Offenheit und Freundlichkeit. Die  Verschmelzung von Verbindlichkeit und Wärme wurde vor allem in den  Frauenbildnissen eingefangen. Viertens schließlich ist die Freundlichkeit nicht  ein Aspekt des Ernstes, sondern eine "Erscheinungsform ihrer selbst" (Böhm).  Diesen Bildnissen haftet häufig etwas Entrücktes an.
 
 Etliche der Prädikate, die Stoll&Wachall verwenden,  passen nur mit Mühe in dieses Schema. Die Maler der Renaissance gingen in allen  vier Modi des selbständigen Porträts von einer Balance der Affekte aus,  Stoll&Wachhall verwenden dagegen auch hoch aufgeladene Affekte, die das  Gleichmaß der Porträtierten ruinieren würden. In ihrer eigenen Bildfindung aber  plädieren sie gleichwohl für eine Balance. Schaut man genauer hin, dann  inszeniert das Duo letztlich doch altbekannte Modi. Eine der beiden hilft dem  Ernst zu neuem Ansehen, abgemildert durch Freundlichkeit. Die andere  transzendiert den Ernst durch Entrückung. (Deshalb finden die Videos auch in  der Kirche einen durchaus angemessenen Platz.) Und offensichtlich führt, auch  das ist beruhigend, die Arbeitssymbiose der beiden doch nicht zu einer  Einebnung charakterlicher Eigentümlichkeiten.
 
 Können also die Künstlerinnen noch einmal uns  erfahren lassen, was unsere Identität in der Spätmoderne ausmacht? 
          Vielleicht erfahren wir, wenn wir diese Videos  ansehen, wie unverzichtbar der Ernst und die Freundlichkeit sind. 
          Das wäre nicht wenig. Bildnis und Individuum. Über  die Vollendung der Porträtmalerei in der spätmodernen Videokunst! Mutmaßlich sind wir Zeuge eines spannenden, sehr  ernsthaften Großversuchs.
 
 Prof. Dr. Dr. Klaas  Huizing
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        |  | "private collection" greift mit neuen medialen Mitteln das traditionelle Genre der Porträtmalerei auf. Großformatige Flachbildmonitore sind in einem Raum im Sinne einer Porträtsammlung an den Wänden angebracht. Auf den Monitoren werden durch das Aufgehen schwarzer Blenden Frauenporträts sichtbar, wie Ikonen inszeniert vor weißem Hintergrund, in ihrer Strenge an frühe Renaissance Porträts erinnernd. Die Attribute (Statussymbole), die von den Frauen gehalten werden, entstammen unserer Zeit, der "Putz" ist jedoch historisierend. Danach gehen die Blenden wieder zu und mit einem Piepsound erscheinen sich um die eigene Achse drehende Wörter vor schwarzem Hintergrund, welche die vielfältigsten Gefühlszustände eines Menschen beschreiben. Der Betrachter projiziert durch die Kombination von Wörtern (die sich zu Satzfragmenten verbinden) Emotionen, sowohl auf die Porträtierten, als auch auf sich selbst. Gleichzeitig führt die irritierende Situation "historisches Kostüm und zeitgenössisches Attribut" der Porträts zu einem "Auseinanderfallen" von dargestelltem Individuum und dessen Rolle in der Gesellschaft: durch die unsichere Zuordnung des Porträtierten anhand seiner Attribute ("alt auf neu" oder "neu auf alt"?) durch den Betrachter, sieht dieser sich mit seinen eigenen Attributen konfrontiert. Daraus ergeben sich assoziativ-verkettend weitere Interaktionen, Fragen, Gefühle, Gedanken zwischen Betrachter und Rauminstallation, die durch ständige Permutationen der auf und zu gehenden Porträts und den auftauchenden Schriftfragmenten, sowie den atmosphärischen Klang angeheizt werden.
 
 Frank Thinnes
 
 
 
 Einführungsrede von Frank Thinnes zu Ausstellungseröffnung in der K4 galerie
 
 Die Videoarbeit “Private Collection, Room 03” greift mit elektronischen Mitteln das traditionelle Genre der Portraitmalerei auf. Inspirationsquelle für Stoll & Wachall waren vor allem italienische und niederländische Portraits der frühen Neuzeit.
 Durch das Aufgehen schwarzer Blenden werden Frauenportraits sichtbar. Sie sind streng inszeniert, vor weißem Hintergrund, bewegen sich kaum. Die Gesten, Blicke, das Atmen bekommen eine sehr große Intensität. Historisierender Putz, Schmuck, Frisur verweisen vage ins Europa der Renaissance - es ist jedoch sofort klar, dass es sich hier nicht um die authentische Rekonstruktion alter Kostüme oder Trachten handelt. Die Aufmachung ist nur historisierend, nicht historisch gemeint. Es ist keine Rekonstruktion, aber auch keine simple Travestie, denn die Gegenstände, die wie Attribute von den Frauen gehalten werden, entstammen eindeutig unserer Zeit: Revolver, Webcam, Mobiltelefon, Headset.
          
          Die Blenden schließen sich, mal abwechselnd, mal gleichzeitig, öffnen sich wieder. Ihre Bewegung wird durch ein elektronisches Piepgeräusch, das entfernt an ein Echolot erinnert, markiert. Sind die Blenden geschlossen, erscheint auf dem schwarzen Bildschirm weiße Schrift, Wörter, die sich zu öffnen und zu schließen scheinen, oder auch rotieren. Auch sie erscheinen und verschwinden im Rhythmus des Echolots. Die Wörter sind Zeichen, Sie bilden keine Sätze, sie verleiten aber sehr zum Assoziieren. So entstehen Satzfragmente, Bruchstücke von Aussagen, die Ausschnitte von Gefühlszuständen zu beschreiben scheinen. Emotionale Situationen, kurz beleuchtet, dem Verständnis letztlich aber entzogen, denn dafür sind sie zu flüchtig, verschwinden, werden überlagert von neuen, die man versucht ebenfalls in eine Gesamtaussage zu ziehen. Der Betrachter projiziert die Emotionen, die durch die Schrift, die Zeichen geweckt werden auch auf die Porträtierten. Das Wort “greed” taucht auf, gleich darauf öffnet sich eine Blende und zeigt eine blonde Frau, die man eben schon gesehen hat: plötzlich interpretiert man ihre Geste. Schien sie mir vorher verloren in Träumereien, so ist sie jetzt von Gier zerfressen. Positiv wird zu negativ. Sehr manipulativ.
 
 Wir versuchen hinter die Fassaden der Porträtierten zu blicken, versuchen ihr Wesen zu erkennen. Hier begegnen wir der irritierenden Situation, dass historisierende Kostüme und zeitgenössische Attribute sich gegenüber stehen. Diese Attribute hatten auf alten Gemälden die Funktion, eine Aussage über die dargestellte Person zu machen oder sie in einen bestimmten Zusammenhang zu setzen. Sind hier vielleicht doch “historische” Personen mit moderen Attributen dargestellt? Oder moderne Personen, die historische imitieren wollen? Es gibt keine Antwort auf diese Fragen: wir schwanken hin und her, um den Sinn der Attribute zu erkennen, müssen feststellen, dass wir auch heute Attribute benutzen, um Modernität, Gewalt, Vergänglichkeit usw. darzustellen. Und wir erkennen, dass sich hinter diesen Objekten, die zum Teil wie Fetische behandelt werden, aufgeladen mit einer unglaublichen Aura von Macht oder Modernität oder Schnelligkeit, immer nur die gleichen Menschen stecken, mit den gleichen Gefühlen, den immer gleichen Sorgen, den immer gleichen Freuden.
 
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 With the common project of media artists Stoll & Wachall the European painting of the Middle Ages is the origin for a contact between old and new world, between tradition and new media. The multimedia installation creates with clearly composed picture results and a play with references and citations from the art history, pictures of fully austere beauty and puzzling ambiguity. A leap of time of the portrait painting thereby succeeds to the digital picture-, text- and sound production which deals as regards content with the role of the individual stamped by the different civilizations and periods.
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