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        | For english version |  |  
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        | WELTAUSSTELLUNG EXPO 2010 
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        | "SHANGHAI - I give you my heart" 04.10. -  13.10.2010,  Luxembourg Pavilion, Shanghai
 Das Projekt  "SHANGHAI – I give you my heart" versucht mithilfe von Tanz,  Musik, Performance und Video-Installation das sensible  Thema "Organspende" künstlerisch umzusetzen. Wie das  "zelluläre Gedächtnis" eines gespendeten Organs den Körper des  Empfängers besetzt, so werden wir den Luxemburger Pavillon in Shanghai besetzen  und zu einem Transplantations-Labor umgestalten. 
 Crew :
 Choreography  : Bernard BAUMGARTEN
 Director : Claude MANGEN
 Video art : STOLL & WACHALL
 Stage set : Do DEMUTH
 Sound Design : Serge TONNAR
 Production Assistent : Christiane THOMMES
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        | „Wir haben als Europäer nicht das  Recht, die Chinesen zu belehren…Was wir jedoch tun dürfen, ist, eine Position  einnehmen. Eine Position, die nicht belehrend ist, sondern lediglich  beschreibt, wer wir sind und wie wir leben.“ Interview Francois VALENTINY – LW 30.04.2009
 Natürlich wissen wir, dass die Welt nicht gerecht ist, dass  Reichtum und Wohlstand ungleich verteilt sind. Aber: Die Folgen sind selten so  dramatisch wie beim Handel mit Organen. Denn wer Geld hat, viel Geld, der kann  sich irgendwo auf der Welt Transplantations-Organe kaufen. Für  Transplantations-Touristen aus dem Westen sind weltweit Spezialkliniken erste  Adresse. Das liegt daran, dass selbst in einem grausigen Geschäft wie dem  illegalen Organhandel die Geschäftemacher die Konkurrenz preislich um Längen  abhängen. Eine Niere findet sich schon um 55.000€, eine Lunge um 130.000€.  Alles inklusive: Das neue Organ, der Chirurg, der Spitalaufenthalt, der  Dolmetscher usw.
 Welche medizinischen Voraussetzungen müssen für eine Organverpflanzung  gegeben sein? Unter welchen Bedingungen ist die Organentnahme ethisch  vertretbar? Wie erleben Spender und Empfänger Organverpflanzungen? Ist die Kommerzialisierung  des Handels mit Organen unmoralisch? Diese Fragen und weitere Aspekte des  sensiblen Themas "Organspende" werden im Projekt SHANGHAI : I give you my Heart behandelt sowie die viel diskutierte These, dass Organe ein "zelluläres  Gedächtnis" hätten.
 
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        | Werden bei einer Organtransplantation Eigenschaften, Vorlieben,  Abneigungen, Verhaltensweisen, ja sogar konkrete Kenntnisse, vom Spender auf  den Empfänger übertragen? Wenn ja, wie wären diese Übertragungen zu erklären? Wie verändert ein gespendetes Organ die Identität des Empfängers?
 Organtransplantationen erschüttern das menschliche Selbstverständnis,  da sich die Wahrnehmung des eigenen Körpers und des Todes verändert. Wie  erleben Angehörige von Organspendern und Organempfänger dies und welchen Stellenwert  hat die Vorstellung vom "sinnvollen Tod" und "geschenktem  Leben" für die Betroffenen?
 
 Die  rasanten Entwicklungen im medizinisch-technischen Bereich ermöglichen einen  Umgang mit dem Menschen und seinem Körper, der mit den überlieferten  gesellschaftlichen Vorstellungen nicht mehr übereinstimmt. Die "natürliche",  das heißt die als selbstverständlich betrachtete Ordnung der Dinge wird infrage  gestellt: Was ist Tod, was ist Leben, was Natur oder Kultur bzw. natürlich oder  künstlich? Die Verwischung dieser Grenzen sorgt in den öffentlichen  Diskussionen für Unbehagen und die Verunsicherung gegenüber dem medizinisch  Machbaren wächst.
 
 Wie wird  die Grenzverschiebung zwischen Leben und Tod von den Betroffenen erlebt und  erfahren? Stimmen diese Erfahrungen mit dem öffentlich propagierten Bild neuer  medizinischer Erfolge von "geschenktem Leben" und einer dem Tod Sinn  gebenden "Organspende" überein?
 
 Welche  ethischen Kontroversen werden in den Fachwissenschaften Ethik, Philosophie,  Religion/Theologie und Medizin ausgetragen? Die Thematik erfordert eine  persönliche Auseinandersetzung und Stellungnahme. Dabei geht es auch um  Beschäftigung mit dem (eigenen) Tod.
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        | Produktion 
 MASKéNADA: Enstanden am Rande des Kulturjahrs 1995 in Luxemburg, versucht  MASKéNADA seither den Drahtseilakt zwischen Qualität, Popularität und Experimentierfreudigkeit.  Das Kollektiv besteht aus Künstlern aus den Bereichen Theater, Musik, Film,  Tanz und Performance. MASKéNADA-Produktionen zeichnen sich aus durch die  Vermischung der Stile und Sprachen und haben einen Nomaden-Charakter innerhalb  und außerhalb der Grenzen Luxemburgs.
 
 TROIS-CL:  Das Centre de Création Chorégraphique Luxembourgeois TROIS C-L, in enger  Zusammenarbeit mit seinen nationalen und internationalen Partnern, elaboriert  Konzepte, beteiligt sich an Produktionen und unterstützt  Choreografen.  Das Centre betätigt sich als Zentrum für Kreation und Fortbildung  und ist offen für alle künstlerischen Formen, die sich mit  zeitgenössischem Tanz beschäftigen.
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        | Geschichte der Organspende Mythen und  Legenden lassen sich bis in das 5. Jahrhundert v. Chr. zurückverfolgen, in  denen behauptet wird, dass Organe und Gewebe von einem Menschen zu einem  anderen übertragen worden sind. Im 3. Jahrhundert sollen die beiden  Schutzheiligen der Medizin, St. Cosmas und St. Damian, der Legende nach einem  weißen Missionar erfolgreich das Bein eines toten Schwarzen verpflanzt haben,  nachdem er sein eigenes verloren hatte.
 Die neuere  Geschichte der Organspende reicht zurück bis in das 17. Jahrhundert. Dort  wurden erste Versuche gemacht, die Haut eines Menschen zu ersetzen. Im Jahr  1863 beschrieb Paul Bert Probleme bei der Abstoßung von Transplantaten, welche  bis dahin oftmals aus Haut, Sehnen, Hoden oder Zähnen bestand. 1883 wurden  Aufzeichnungen über Behandlungen angefertigt, bei denen man probierte,  geschädigte innere Organe zu behandeln. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, genauer  im Jahr 1902, versuchten der Österreicher Emerich Ullmann sowie der Franzose  Alexis Carrel unabhängig voneinander, Hunden Organe zu verpflanzen. Dabei  wurden vorhandene Organe der Hunde in ihrer Position innerhalb des Körpers  verändert; beispielsweise wurde die Niere in den Nacken verpflanzt mit  anschließender fünftägiger Funktion. Carrel stellte als erster fest,  dass es beim Verpflanzen von Organen zwischen zwei Individuen zu  Abstoßungsreaktionen kommt, bei Transplantationen innerhalb eines Organismus  blieben diese aus. Später entwickelte er Techniken zum Vernähen von Blutgefäßen  und wandte diese bei der Transplantation von Organen und Geweben erfolgreich  an. Dafür bekam er im Jahr 1912 den Nobelpreis für Medizin. Im Jahr 1906 nahm der  Franzose Mathieu Jaboulay erste Versuche einer Transplantation am Menschen vor,  allerdings sollte ihm der Erfolg aufgrund der Verwendung von Tierorganen versagt  bleiben. 1908 wurden einem Hund eigene Organe transplantiert, er überlebte die  Operation mehrere Jahre lang. 1909 operierte der Berliner Arzt Unger einem  Mädchen die Nieren eines Affen an deren Oberschenkeladern.
 
 Da die  Probleme der Immunreaktion des Körpers nicht beseitigt werden konnten, gaben  die meisten Ärzte und Wissenschaftler ihre Vorhaben in den 20er und 30er-Jahren  auf. Viele bis dahin durchgeführte Transplantationen endeten mit dem baldigen  Tod. 1933 versucht der ungarische Chirurg Yu Yu Voronoy erstmals, eine Niere  von einem Menschen zum anderen zu übertragen. Es kam zur Abstoßung des Organs  und der Patient starb. Erneute Versuche starteten überwiegend in den USA nach  dem Zweiten Weltkrieg. 1942 beschrieb erstmals der britische Zoologe Sir  Peter Brian Medawar die Abstoßungsreaktion des Körpers im Zusammenhang mit  der immunologischen Grundlage der Abstoßung fremder Organe. Für diese Leistung  bekam er im Jahr 1960 den Nobelpreis für Medizin. Im Jahr 1944 wurde die  künstliche Niere, der Dialysator, durch den Niederländer Willem Kloff entwickelt.  Menschen konnten nun mit Hilfe der „maschinellen Niere“ am Leben gehalten  werden.
 
 1954  folgte in Chicago die erste erfolgreiche Transplantation einer Niere durch  Joseph Murray (Nobelpreis für Medizin im Jahr 1990): Der Spender war der  eineiige Zwilling des Empfängers. So wurden Immunreaktionen gering gehalten,  zusätzlich wurde der Operierte bestrahlt. Der Empfänger der Niere verstarb acht  Jahre später an einem Herzinfarkt. Zuvor, 1951, wurde in Boston einem Patienten  eine Niere eines anderen Menschen verpflanzt, er starb fünf Wochen später.  Ebenso erging es einem Kind 1952, als es eine Niere von seiner Mutter bekam. Im  Jahr 1958 erkannte Jean Dausset in Paris das Human Leukocyte Antigen-System (HLA-System).  Er entdeckte den Zusammenhang der Reaktion des Immunsystems auf eigenes und  fremdes Gewebe anhand spezifischer, ererbter Merkmale. Für seine Leistung erhielt  er im Jahr 1980 den Nobelpreis für Medizin.
 
 Um der  Immunreaktion Herr zu werden, wurden Patienten bestrahlt. Dies führte aber zu  weitaus größeren Schäden als die Bestrahlung nutzte. Viele Empfänger eines  Organes starben an den Folgen der Bestrahlung. Um 1960 herum begannen Forscher,  den Patienten Antikörper zu verabreichen, welche die Reaktionen des  Immunsystems unterdrückten. Die erste erfolgreiche Unterdrückung der  Immunreaktion gelang 1962, als einem Empfänger die Niere eines nicht verwandten  Spenders eingepflanzt wurde. 1963 erfolgte durch Brosig und Nagel in Berlin die  erste Transplantation der Niere eines Toten, die im selben Jahr versuchte Transplantation  einer Leber in Denver für ein 3-jähriges Kind scheiterte. 1967 wurde  in Südafrika die weltweit beachtete Übertragung eines Herzens vorgenommen.  Der von Christian Barnard operierte Patient überlebte 18 Tage  und erlag dann einer Infektion. Im selben Jahr transplantierte Thomas Starzl erstmal  erfolgreich eine Leber. 1968 wurde vom Harvard- Committee erstmals eine  Hirntod-Definition aufgestellt.
 
 Ende der  70er Jahre gewann man aus einem Pilz den Wirkstoff „Ciclosporin“. Dieser hatte  eine stärkere immunsupressive Wirkung als alle bis dato bekannten Stoffe. Das Medikament  wurde 1983 in Deutschland zugelassen, 1989 wurde weltweit die 100.000 Niere  transplantiert. 1985 erfolgte in den Vereinigten Staaten von Amerika erstmals  die Transplantation einer kompletten Lunge durch Joel Cooper in Missouri.  In Hannover wird von Rudolf Pichlmayr 1988 die Leber eines Toten entnommen und  auf zwei Empfänger (ein Erwachsener und ein Kind) aufgeteilt (Teilleber-Transplantation).  Im selben Jahr wird erfolgreich ein Dünndarm durch Eberhard Deltz in Kiel  transplantiert. Zuletzt wurde 1998 ein Teil der Bauchspeicheldrüse durch David  Sutherland in Minnesota von einem Lebendspender vollzogen.
 
 Um das  Problem der Abstoßung zu verringern, wurden Spenderdatenbanken (Eurotransplant)  gegründet, welche von vorneherein möglichst passende Spender und Empfänger  zusammenführen. Mittlerweile sind weltweit über eine halbe Million Nieren  transplantiert worden.
 
 http://de.wikipedia.org/wiki/Organspende
 
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        | Metapher und SymbolZur Herz-Jesu-Frömmigkeit im Katholizismus
 Prof. Dr. Rainer Kampling
 Die Herz-Jesu-Frömmigkeit  erlebte im restaurativen Frankreich des 18. Jahrhunderts einen wahren Boom: Die  in Christus menschgewordene Liebe Gottes schien sich im offenen und blutigen  Herzen Christi zu symbolisieren. Das Herz Jesu als menschliches Herz hat dabei  eine lange Tradition, die ohne altkirchliche Kenntnis unverständlich wäre. Heute  erscheint uns der Kult merkwürdig antiquiert und mischt sich mit einer Spur von  Ekel. Und doch begegnen wir Nachwirkungen der Herz-Jesu-Frömmigkeit nicht nur  in katholischen Gegenden.
 Am 27.  Dezember 1673 kniet die Nonne Magareta Maria Alacoque vom Orden der  Heimsuchung des heiligen Franz von Sales vor dem Altar ihrer Klosterkirche in  Paray-le-Monial. Die Sechsundzwanzigjährige, die ein Jahr zuvor die ewigen  Gelübde abgelegt hatte, die sie mit einem mit eigenem Blut geschriebenen  Widmungsschreiben besiegelt, fällt selbst im Kloster durch ihre strenge  Lebensweise auf. Sie hat – wie sie in ihrer Autobiographie beschreibt – bereits  in ihrer von Krankheit geprägten Jugend visionäre Schauungen erlebt. An diesem  Tag erscheint ihr das Herz Jesu auf einem Flammenthron, nach allen Seiten  Strahlen sendend, mit der Lanzenwunde. Das Herz ist von einer Dornenkrone  umgeben und auf ihm steht das Kreuz.
 Mit diesem Tag beginnt in der katholischen Welt die Herz-Jesu-Verehrung. Die  Verehrung des heiligen Herzens Jesu gehört für Nichtkatholiken und wohl auch  für Katholiken der jüngeren Generation, das heißt für die, die nach dem letzten  Konzil, dem Vaticanum II, religiös sozialisiert wurden, zu einer Domäne der  katholischen Frömmigkeitspraxis, zu der ein Zugang verwehrt scheint. Allzu  Fremdes, vielleicht Bedrohliches, Unästhetisches wird hier für den berührt, der  die Praxis und Ikonographie nicht zu entziffern vermag. Dieser Frömmigkeitsform  haftet offensichtlich das Antiquierte an in einer Zeit, in der die  „Kardiolatrie” längst an anderen Orten denn in Kirchen betrieben wird.
 
 Gleichwohl ist die Bildersprache des Kultes noch so gegenwärtig, dass sich  erahnen lässt, welche große Bedeutung er vormals in katholischen Gegenden  hatte. Hier ist freilich nicht nur Sacré-Cœur de Montmartre, die als Sühne  gedachte Kirche der Katholiken Frankreichs, zu erwähnen, sondern auch an die  Zitationen des Bildes vom sichtbar gemachten Herzen Jesu. Da, wo Jesus auf dem  Bildtypus des 19. Jahrhunderts sein Herz zeigt, prangt beim Comic-Helden Superman  ein flammendes S, das ihn als Retter aus allen Nöten ausweist. In Martin  Scorseses Film, The Last Temptation of Christ von 1988, wird das Motiv so  drastisch-realistisch umgesetzt, dass sich fromm Wähnende daran Anstoß nehmen  konnten. Dabei führt er lediglich die Bildwelt seiner italo-katholischen  Herkunft in die Filmsprache ein, die das vertraute Bild seiner Heimseligkeit  beraubt. Denn dieser Bildtypus, der sein Herz zeigende Jesus, ist es, der in  unzähligen Wohnungen von Katholiken vor nicht allzu langer Zeit seinen Platz  hatte. Und es ist dieses Bild, von dem Günter Grass in der Blechtrommel Oskar  Matzerath reden läßt: „Er öffnete sich das Gewand über der Brust und zeigte in  die Mitte des Brustkastens, aller Natur zum Trotz, ein tomatenrotes, glorifiziertes  und stilisiert blutendes Herz, damit die Kirche nach diesem Organ benannt  werden konnte [...]. Dieser blühende, immer zum Weinen bereite Kußmund! Dieser  die Augenbrauen nachzeichnende männliche Schmerz! Volle, durchblutete Wangen,  die gezüchtigt werden sollten.”
 
 Die  ästhetische Sprache des Kultes, die das Objekt der Verehrung, das Herz Jesu,  überdeutlich zeigt, führt zu Aversionen gegen das zu Verehrende. Und dennoch  gilt, dass die Herz-Jesu-Frömmigkeit nicht nur ein Bestandteil der  Mentalitätsgeschichte katholischer Frömmigkeitspraxis ist, sondern zur Ganzheit  der Metaphorik und Symbolik des Herzens hinzugehört und sie gleichsam  zusammenfassend überhöht. Denn das Herz Jesu ist in der Frömmigkeit auch und  immer das menschliche Herz.
 
 
 Das  Herz Jesu als menschliches Herz Wenn der  eigentliche Herz-Jesu-Kult erst in der Neuzeit entsteht, so kann man nicht  übersehen, dass die Möglichkeiten und Voraussetzungen seiner Entstehung in  älteste Zeiten zurückgehen. Ohne die spezifisch jüdisch-biblische Verstehensweise  des Herzens wäre er nicht denkbar gewesen. Denn für die Heilige Schrift  Israels, christlich Altes Testament genannt, ist das Herz viel mehr als ein  Organ: Es ist das personale Innere eines jeden Menschen. Und diese Bedeutung  ist weder in den griechischen noch lateinischen Übersetzungen aufgegeben,  obwohl es aufgrund des kulturellen Kontexts durchaus nahe gelegen hätte; sie  findet sich im Neuen Testament und in der christlichen Literatur der Antike und  des Mittelalters und beeinflusst bis auf den heutigen Tag die Assoziationen und  Konnotationen, die sich mit dem Wort ,Herz‘ verbinden.Näherhin ist der biblische Bedeutungsinhalt von ,Herz‘ dadurch bestimmt, dass  das Herz als Lebenszentrum verstanden wird, in dem sich alle religiösen und  emotionalen, kognitiven und rationalen Prozesse des Menschen vollziehen.
 
 Die  alttestamentliche Auffassung vom Herzen und ihre sprachlichen Explikationen  sind fast durchgängig metaphorischer Art. Es wird nicht von einem Organ  gesprochen, sondern vom Zentrum dessen, was den Menschen ausmacht.  Anthropologisch und theologisch ist bedeutsam und traditionsbildend, dass das  Herz als Sitz aller Gefühle, eben auch der Liebe und des Hasses, über die  Beziehung zu den Mitmenschen und zu Gott bestimmt.
 
 Das Neue Testament folgt den Vorgaben seiner jüdischen Tradition. Dieser Befund  ist für Texte, die für hellenistisch sozialisierte Leser geschrieben wurde,  immerhin bemerkenswert, da sich die biblische Konzeption maßgeblich von der  griechisch-römischen unterschied. Die etwaigen Verständnisschwierigkeiten  wurden um der theologischen Bedeutung willen in Kauf genommen, obwohl es für  einen nichtjüdischen Leser verwirrend sein konnte zu erfahren, dass das Herz  Sitz von Verstand und Gefühl sein sollte. Auf der Ebene der Rezeption war damit  der metaphorische Sprachgebrauch festgelegt.
 
 
 Das  Äußere und das Innere Bei der  ersten Vision der Magareta Maria Alacoque sieht sie nicht nur das Herz Jesu,  sondern hat auch noch eine Audition, in der Jesus das Geschaute als Ausdruck  seiner Liebe zu den Menschen deutet. Ganz klar erkennbar fließen in den  Visionen und ihren Deutungen metaphorische, symbolische und reale Elemente  zusammen. Die Nonne sieht ein menschliches Herz in der Form, in der es in der  Kunst vorgegeben war – wie auch eine von ihr erhalten gebliebene Federzeichnung  von 1685 zeigt. Das Herz als Sitz der Liebe wiederum verweist auf religiöse und  profane Konnotationen. In ihrer Interpretation ist jedoch das menschliche Herz  Jesu Ort der göttlichen Liebe, sodass sich im Herzen die Menschlichkeit und Göttlichkeit  Jesu mitteilt. In der Verehrung des Herzens Jesu antwortet der Mensch auf die  erfahrene Liebe und gibt sie zurück. Das Herz ist Ort der Kommunikation  zwischen Jesus und Mensch.
 Wenn auch  gilt, dass die aufkommende und sich verbreitende Herz-Jesu-Verehrung ohne die Visionen  der 1920 heiliggesprochenen Nonne unwahrscheinlich gewesen wäre, so ist doch  die Entstehung im 17. Jahrhundert kaum zufällig. Denn in diesem Jahrhundert  gewinnt das Thema Herz eine zentraler Bedeutung. Schon der Humanist Justus  Lipsius (1547 - 1606) hatte das Herz als Zentrum der menschlichen  Persönlichkeit und seines Handelns (wieder-) entdeckt. 1628 veröffentlichte  William Harvey (1578 – 1657), der Leibarzt des englischen Königs, seine Schrift  „Exercitatio anatomica de motu cordis et sanguinis in animalibus” („Über die  Bewegung des Herzens und des Blutes bei Lebewesen”) und darf damit als  Entdecker des menschlichen (großen) Blutkreislaufes gelten. Während durch  William Harvey das Herz als Organ in seiner Bedeutung erkannt wird, ist es der  Theologe und Mathematiker Blaise Pascal (1623-1662), der in seinen Pensées eine  Theologie des Herzens im Sinne einer Erkenntnislehre vertritt. Dem Herzen kommt  die Fähigkeit der vollkommenen Erkenntnis, eben auch der Erkenntnis Gottes, zu.  Und desgleichen findet im deutschen Protestantismus durch den Pietismus eine  Rückbesinnung auf die religiöse Bedeutungskraft des Herzens statt, die in der  Blut-Christi-Lyrik ihren Höhepunkt findet.
 
 
 Verlust  durch Inflation
 Das  Herz-Jesu-Fest wird immer noch in der katholischen Kirche gefeiert; diesjährig  auch auf dem Expo-Gelände. Und doch hat der Kult den Zenit seiner Bedeutung  längst überschritten. Gründe dafür mag es viele geben; gewiss ist, dass ein  Kult, der so auf Metaphorik und Symbolik angewiesen ist, dann an Ausstrahlung  verliert, wenn das Symbol inflationär gebraucht wird und ihm keinerlei Dignität  außer der Verkaufsförderung mehr eignet. In einer Warenwelt, in der Hunde ihr Fressen  lieben können und die Dosen dementsprechend mit Herzen dekoriert sind, ist es  schwer, im Bild des Herzens noch einen Ausdruck tiefer Zuwendung zu entdecken.  Das Herz ist ein Piktogramm unter vielen, es ist zu Tode gesehen. Des Weiteren  ist das Symbolisierte keineswegs so einfach vermittelbar, dass der Verweis auf  das Symbol genügte. Das Grundproblem religiöser neuzeitlicher Rede, nämlich auf  metaphorische Sprache angewiesen zu sein, um vom Absoluten sprechen zu können,  versagt da, wo die Rede nicht mehr auf das Absolute zu bringen ist. In diesem  Sinne bleibt die französische Nonne aktuell, da ohne die Kategorie der  Erfahrung religiöse Sprache ins Leere läuft.
 Dunning  meint, das Verschwinden der Herz-Jesu-Frömmigkeit hänge zusammen mit der medizinhistorischen  Tat des Christiaan Barnard, der gleichsam einen neuen Kult  um das Herz eröffnet habe, aber eben diesmal um das reale Herz. „Das Herz  erlebt einen neuen Kult, bei dem es durch Fasten und Laufen von Unreinheit  geläutert wird [...].” Zugleich erleben wir eine neue Form der Organanbetung:  „Wir haben das Schicksal unseres Herzens in der Hand.”16 Das Herz ist wieder der Herzmuskel.  Nicht die Nonne aus Frankreich hat Recht behalten, sondern der Arzt aus 
            England: Das Herz ist die Pumpe im William Harveyschen Blutkreislauf.
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